Was für eine Grunderkrankung hat die Doppellungentransplantation und die Lebertransplantation nötig gemacht?
Ich war als Kind immer sehr oft krank und hatte Gewichtsprobleme. Mit vier Jahren wurde festgestellt, dass ich Mukoviszidose habe. Das ist eine erblich bedingte Stoffwechselerkrankung, die vor allem die Lunge, aber auch andere Organe betreffen kann. Bei mir war das die Leber.
Als Kleinkind war ich nur im Krankenhaus, wenn es mir wirklich schlecht ging - bis zu dem Zeitpunkt, als ich Blutungen in der Speiseröhre hatte. Durch eine Leberzirrhose hatten sich Krampfadern gebildet und die waren aufgegangen.
Ab dann war ich regelmäßig im Krankenhaus. In meiner Schulzeit ging es mir eigentlich immer ganz gut, da ich immer wieder Antibiotika-Therapien im Krankenhaus gemacht habe. Ich habe trotz meiner vielen Fehlzeiten meinen Schulabschluss mit "sehr gut" bestanden – darauf bin auch sehr stolz.
Danach habe ich eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten bei der Bundespolizei gemacht und wurde unbefristet übernommen. Ich konnte noch zwei Jahre arbeiten, bis es leider gesundheitlich nicht mehr ging.
Ich hatte immer mehr Lungenentzündungen und 2012 eine Pilzinfektion der Lunge. Daraufhin wurde ich berentet und bekam Sauerstoff. Meine Lunge konnte nicht mehr ausreichend Sauerstoff aufnehmen und war schon ziemlich geschädigt. Der Sauerstoff war eine Erleichterung – ich konnte wieder meinen Alltag bestreiten und auch etwas unternehmen.
Natürlich ging es immer mal auf und ab, aber ich habe es immer geschafft, dass es mir mit dem Sauerstoff ganz gut ging. Aber 2015 bekam ich eine Influenza, die der schon sehr beeinträchtigten Lunge den Rest gab. Meine Ärzte rieten mir daher, mich für eine Lungentransplantation listen zu lassen.
Wie lange warst Du auf der Warteliste?
Insgesamt war ich fast neun Monate auf der Warteliste. Ich wurde Ende März 2015 aktiv gelistet für eine gleichzeitige Lungen- und Lebertransplantation.
Im Juli 2015 kam ein erster Anruf, der leider ein Fehlalarm war, da die Leber nicht optimal war.
In der Wartezeit wurde mein Zustand immer schlechter. Ich brauchte immer mehr Sauerstoff, zum Schluss zehn bis zwölf Liter. Und ich bekam zusätzlich ein Beatmungsgerät, das meine Atmung unterstützte, da ich kaum noch Kraft hatte. Dazu kamen dann mehrere Antibiotika, die über die Vene gegeben wurden und eine Breite an Schmerzmittel.
Bis zum lang ersehnten Anruf vergingen dann nochmal fünf Monate.
Den Anruf habe ich selbst nicht mehr mitbekommen, denn ich lag zu dem Zeitpunkt schon auf der Intensivstation an der ECMO. Das ist ein Gerät, das Blut mit Sauerstoff anreichert und Kohlendioxid auswäscht, da meine Lunge das nicht mehr schaffte.
Wann wurdest Du transplantiert?
Transplantiert wurde ich im Alter von 25 Jahren, am 16. Dezember 2015. Die OP begann um 4.45 Uhr und dauerte 19 Stunden - dadurch, dass ich zwei Organe brauchte.
Wie geht es Dir heute?
Ich kann sagen: Heute geht es mir so gut, dass ich wieder sehr vieles machen kann, wie Konzerte mit Freunden besuchen, mit meinem Freund in den Urlaub fahren oder fliegen oder die einfachen Dinge des Lebens genießen.
Natürlich muss ich mich an gewisse Regeln halten und regelmäßige Arztkontrollen wahrnehmen. Aber das sehe ich als kleineres Übel an, als im Gegensatz zu den vielen und langen Krankhausaufenthalten von früher.
Ich bin auch unendlich froh, dass ich jemanden kennengelernt habe, der trotz meiner Krankheit und Transplantationen mit mir zusammen ist. Denn nicht viele Menschen kommen mit so einer Situation klar.
Ich bin meinem Organspender sehr dankbar, dass er sich zu Lebzeiten für die Entnahme seiner Organe gestimmt hat.
Was würdest Du sagen, macht Deine Geschichte besonders erzählenswert?
Ich würde sagen, ich kenne keinen anderen Transplantierten, der so lange an einem Stück im Krankenhaus war. Es waren insgesamt 584 Tage, über 1½ Jahre, davon 9 Monate vor der Transplantation und 10 Monate danach, davon 8 auf verschiedenen Intensivstationen.
Ich habe auch nie ans Aufgeben gedacht, egal wie schlecht meine Aussichten vor der Transplantation waren. Für mich gab es immer nur den Spruch: Wer aufgibt, hat schon verloren!
Damals habe ich gesagt: "Das Einzige, was ich mir zu Weihnachten wünsche, wäre, dass ich transplantiert werde." Und so ist es dann auch geschehen. Wie ein kleines Wunder, denn ich hätte mit meinen alten geschädigten Organen vielleicht nur noch eine Woche überlebt.
Natürlich musste ich sehr viele Komplikationen mitnehmen – irgendwie habe ich ein Talent dafür. Ich hatte Vorhofflimmern, musste kurzzeitig an die Dialyse, hatte Lungenentzündungen, viel Wassereinlagerungen – vor allem im Bauch – und hinzu kamen auch noch zwei Blutvergiftungen, da meine Gallengänge nicht richtig funktionieren.
Aber all dies hat mich nie davon abgehalten, weiter zu kämpfen. Sonst würde ich heute nicht stehen, wo ich bin.
Was wünschst Du Dir?
Natürlich wünsche ich mir, dass ich noch viele Jahre mit meiner neuen Lunge und Leber leben kann, so wie allen anderen Transplantierten auch.
Ich würde mir wünschen, dass sich viel mehr Menschen mit dem Thema Organspende auseinandersetzen, denn man weiß nie, ob man mal selbst ein neues Organ braucht oder ein Familienmitglied oder Freund.
Ich bin für die Einführung der Widerspruchsregelung in Deutschland – denn in vielen anderen europäischen Ländern gibt es diese schon.