Heute feiern wir gemeinsam mit Michael Wendler (69) den ersten Jahrestag seiner Lungentransplantation. Zweimal musste der ersehnte Eingriff in letzter Minute abgesagt werden. Am 15. Juni 2019 hat es dann endlich geklappt. Bei aller Freude darüber möchte Michael Wendler heute vor allem eins - den unbekannten Angehörigen seines Spenders danken.
Die ganze Geschichte von Michael Wendler, seiner COPD-Erkrankung und seinen hartnäckigen Kampf um sein Leben könnt Ihr hier lesen:
Was ist Ihre Grunderkrankung, die eine Lungentransplantation nötig gemacht hat?
Vor 15 Jahren habe ich mit meiner Familie einen Ausflug zur Zugspitze gemacht. Beim Ausstieg aus der Gondel oben auf dem Berg habe ich festgestellt, dass ich kaum Luft bekomme. Ich habe mir zunächst nichts dabei gedacht. Die folgenden jährlichen Regeluntersuchungen beim Internisten brachten keine Auffälligkeiten zutage. Auch ein Pneumologe gab mir grünes Licht.
Aber mein Zustand verschlechterte sich und 2010 bekam ich schließlich die Diagnose COPD, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Meine Krankheit schritt immer stärker voran, schon bald war ich auf Sauerstoffzufuhr angewiesen. Ich habe mich in dieser Zeit sehr intensiv mit der Krankheit auseinandergesetzt und mich viel informiert. 2016 kam ich über die Thoraxklinik in Heidelberg zur Berliner Charité und dort auch zum ersten Mal mit der Oberärztin für den Bereich Lungentransplantation am DHZB, Frau Doktor Dagmar Kemper, in Kontakt.
Wie lange waren Sie auf der Warteliste?
Im April 2016 wurde ich zum ersten Mal bei Eurotransplant gelistet, 2017 wurde ich wieder von der Liste genommen. Mein Alter und der Schweregrad meiner Erkrankung spielten hier eine Rolle. Ich suchte Rat in Österreich und den USA. Beide Länder hätten mich theoretisch für eine Transplantation gelistet, aber rechtliche und logistische Gründe machten dies unmöglich. Es gab z.B. keine Fluggesellschaft, die mich - in meiner schlechten Verfassung - in die USA geflogen hätte. Mein Zustand verschlechterte sich zunehmend, mir wurde eine Lebenserwartung von sechs Monaten prophezeit. Am 24. Mai 2019 kam der rettende Anruf aus dem DHZB, dass die Transplantationskommission meiner Listung bei Eurotransplant erneut zugestimmt hat.
Wann wurden Sie transplantiert und wie alt waren Sie?
Am 8. Juni 2019 wurde ich informiert, dass eine passende Spenderlunge für mich da sei. Ich wurde mit einem Learjet nach Berlin geflogen. Doch kurz vor der Narkose kam das Stoppzeichen – die Lunge war nicht transplantationsfähig. Wenige Tage später, am 12. Juni, kam abends wieder ein Anruf. Ich sollte mich sofort auf den Weg nach Berlin machen. Doch aufgrund sehr schlechter Wetterverhältnisse konnte kein Flugzeug in Berlin landen. Ich hätte bis um 3 Uhr nachts da sein müssen, um 2 Uhr mussten wir uns geschlagen geben. Besonders für meine Frau und meine Töchter war das sehr aufwühlend.
Am 15. Juni kam erneut ein Anruf. Dieses Mal klappte alles. Ich war zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt. Am 15. August konnte ich nach 13 Tagen auf der Intensivstation, rund vier weiteren Wochen im DHZB und anschließender Reha wieder nach Hause. Mein großer Dank geht an die exzellenten Mediziner und Pflegekräfte im DHZB!
Wie geht es Ihnen heute?
Heute, am ersten Jahrestag meiner Transplantation, geht es mir sehr gut; ich habe kleinere körperliche Einschränkungen, aber mit denen kann ich gut leben. So sehr ich diesen Tag heute mit Freude begehe, bin ich in Gedanken immer bei den Angehörigen meines Spenders. Ich bin ihnen und meinem Spender zutiefst dankbar. Sie haben mir diesen Tag, dieses Leben geschenkt. Anlässlich meines ersten Jahrestages habe ich ein Dankeschreiben an sie verfasst.
Ein besonders herzlicher Dank gilt natürlich auch meiner lieben Ehefrau Sabine und unseren beiden lieben Töchtern Caroline und Isabelle, die mich auf dem langen Weg bis zur erfolgreichen Transplantation viele Jahre aufopferungsvoll umsorgt und insbesondere mental unterstützt haben.
Was würden Sie sagen, macht Ihre Geschichte besonders erzählenswert?
Ich denke, mein Beispiel zeigt, dass es sich immer lohnt zu kämpfen. Ich habe mich von Anfang an sehr intensiv mit meiner Krankheit auseinandergesetzt, mir Zweit- und Drittmeinungen eingeholt, viel Eigeninitiative ergriffen. Ich bin eine Kämpfernatur und habe mich nie aufgegeben. Das wünsche ich allen Betroffenen - die Hoffnung stirbt zuletzt!
Was wünschen sich sich?
Dank meines Organspenders und seiner Angehörigen durfte ich weiterleben. Ich wünsche mir, dass sich mehr Menschen über das Thema Organspende informieren und sich bereit erklären, ihre Organe im Todesfall zu spenden. Ich war für die Widerspruchslösung und bedauere sehr, dass diese Anfang des Jahres im Bundestag gescheitert ist.