Vor rund zehn Jahren wurde Franka Schmidt mit 39 Jahren aufgrund einer Lungenfibrose eine neue Lunge transplantiert. Franka war von Kindesbeinen an Leistungsturnerin. Ihr Ehrgeiz und ihr natürlicher Lebensmut haben ihr dabei geholfen, sich niemals aufzugeben. Dabei prophezeiten ihr die Ärzte mit 18 Jahren eine nur noch geringe Lebenserwartung.
Was ist die Grunderkrankung, die eine Lungentransplantation nötig gemacht hat?
Mit acht Jahren wurde bei mir die seltene Stoffwechselkrankheit Diabetes insipidus entdeckt. Ungefähr zehn Jahre später, mit knapp 18 Jahren, merkte ich, dass meine körperliche Leistungsfähigkeit rapide nachließ. Für mich als Leistungssportlerin war das sehr auffällig. Außerdem hatte ich immer wieder einen sehr hartnäckigen Reizhusten, für den keine Erklärung zu finden war. Das Stigma der „Simulantin“ haftete schnell an mir. Da ich wegen meiner Diabetes-Erkrankung von Kindesbeinen an im Evangelischen Kinderkrankenhaus in Schwerin behandelt wurde, sprach ich schließlich dort vor. Die Ärzte waren sofort alarmiert und überwiesen mich in die Schweriner Lungenklinik. Dort erhielt ich die Diagnose Lungenfibrose. Man sagte mir, dass ich höchstens 25 bis 30 Jahre alt werden würde. Das konnte und wollte ich nicht akzeptieren. Ich wollte ein langes, erfülltes Leben leben!
Ich verliebte mich, zog nach Berlin und wurde 1996 Mutter einer wunderbaren Tochter. Aber mein Zustand verschlechterte sich und ich suchte Rat in der Berliner Charité. Hier stellten die Ärzte fest, dass eine Störung meines Immunsystems die Lungenfibrose ausgelöst hatte – bei mir wurde eine Langerhans-Zell-Histiozytose festgestellt.
Wann wurdest Du transplantiert und wie alt warst du?
1998 und 2008 erlitt ich einen Spontanpneumothorax. Mir ging es immer schlechter, ich wog nur noch 34 Kilo. Als Anfang 2010 noch eine Rechtsherzvergrößerung bei mir festgestellt wurde, wurde ich mit hoher Dringlichkeit gelistet. Im Mai 2010 musste ich aufgrund meines sehr bedenklichen Gesundheitszustandes stationär in der Charité bleiben. Am 10. Juli 2010 kam eine Schwester zu mir ins Zimmer und sagte mir, dass eine passende Spenderlunge für mich gefunden worden sei. Ich war zu diesem Zeitpunkt 39 Jahre alt.
Die Transplantation im DHZB unter Professor Christoph Knosalla dauerte 16 Stunden. Aufgrund der beiden Spontanpneumothoraxe musste meine alte Lunge regelrecht „abgeschabt“ werden, bevor das neue Organ eingesetzt werden konnte.
Die Zeit nach der Transplantation war ein Auf und Ab mit mehreren Komplikationen, aber nach drei Wochen konnte ich die Intensivstation verlassen. Von da an ging es mit großer Unterstützung durch meinen Mann, meine Tochter und meine Mutter bergauf – auch wenn es immer wieder Rückschläge wie z.B. Abstoßungsreaktionen und Virusinfektionen gab.
Wie geht es Dir heute?
Mir geht es heute sehr gut. Nach meiner Transplantation musste ich alles neu lernen – Atmen, Sprechen, Essen, Laufen. Aber Schritt für Schritt habe ich mich zurück in mein Leben gekämpft. Ich bin wieder sportlich aktiv, natürlich auf einem anderen Niveau als früher, aber 20 Kilometer schaffe ich gut mit dem Rad. Sport gehört für mich zu einem erfüllten Leben dazu. Ich habe sogar Yoga-Übungen für eine verbessere Lungenfunktion entdeckt.
Ich arbeite heute als Bürokraft auf der Transplantationsambulanz der Charité, momentan aufgrund von COVID-19 im Archiv. Manchmal bitten mich die Pflegekräfte, meine Geschichte mit Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, zu teilen. Ich versuche dann, ihnen Mut und Kraft zu geben. Man darf sich nie aufgeben. Der Weg ist schwer, aber jeder Schritt zählt!
Was wünschst Du Dir?
Ich wünsche mir sehr, dass sich mehr Menschen mit dem Thema Organspende auseinandersetzen. Ich habe sehr viel Hoffnung in die Widerspruchslösung gesetzt. Leider ist sie gescheitert. Ich bin sehr enttäuscht. Andere Länder wie Österreich sind da sehr viel weiter. Jeder sollte sich ehrlich fragen, ob er im Ernstfall eine rettende Organspende in Anspruch nehmen würde – dann, so denke ich, wäre doch der nächste logische Schritt, auch die eigenen Organe für eine Organspende freizugeben.
– und was haben wir vergessen zu fragen?
Ich möchte an dieser Stelle nochmals allen Menschen danken, die mein Leben gerettet haben. An erster Stelle natürlich meinem Spender, seinen Angehörigen und den Ärzten.
Unendlich dankbar bin ich für die Unterstützung meiner Familie. Alle haben mich nach der Transplantation immer wieder motiviert, den buchstäblichen nächsten Schritt zu wagen. Sie haben mir geholfen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Die Flure des DHZB waren die Trainingsstrecke in ein zweites Leben. Meine Angehörigen die Trainer. Die Kraft, die sie mir gegeben haben, ist unbezahlbar. Ich wünsche mir, dass die wichtige Rolle von Angehörigen stärker gewürdigt wird.